Kölner Anstoß 2011

Der Katholikenausschuss in der Stadt Köln hat im Juli 2011 folgendes Statement verfasst, das Sie hier auch im Original nachlesen können:

 

Kölner Anstoß

 

In großer Sorge um unsere Glaubenszukunft und die unserer Kinder und Enkel melden wir uns zu Wort. Mit Trauer sehen wir, wie aus einstmals vitalen Gemeinden das Leben auszieht, wir sehen, dass immer mehr Menschen die Verbindung zu der Kirche verlieren, die für sie einmal Heimat war. Trotzdem haben wir die feste Hoffnung, mit Gottes Hilfe diese große Krise der katholischen Kirche überwinden zu können, wenn wir alle - geweihte und nicht geweihte Katholiken - geschwisterlich nach Lösungen suchen. In dieser Hoffnung hat der Katholikenausschuss im vergangenen Jahr Fragen zur Zukunft der katholischen Kirche an die Gremien, Verbände, Orden in der Stadt gerichtet. Aus einer Vielzahl von Antworten sprachen die gleichen Sorgen und Nöte. Viele Problemfelder wurden benannt und Lösungswege aufgezeigt. Der Tenor aller Antworten war: Es geht längst nicht mehr nur um einen Dialogprozess. Wir hier in Köln haben nicht nur Gesprächsbedarf, sondern auch dringenden Handlungsbedarf: Die Zeichen der Zeit zu erkennen heißt, jetzt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir und unsere Kinder hier in Köln heute und morgen aus unserem Glauben leben können.


Wir, die katholischen Laien Kölns, sagen den Verantwortungsträgern in der Kirchenleitung dazu unsere
Unterstützung, unsere Mitarbeit und unser Mitbeten zu. Was wir erwarten, ist ein ergebnisoffener Dialog in
gegenseitigem Respekt. Wir tun dies in der Gewissheit, dass alle Getauften Anteil haben „am gemeinsamen
priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi (Dekret des II. Vat. Konzils über das  Laienapostolat. Art. 2) und berufen sind zum missionarischen Zeugnis und Handeln. Und wir berufen uns dabei ausdrücklich auf unseren Papst Benedikt XVI, der Klerikern und Laien eben diesen Weg aufgibt:


„Gleichzeitig ist es notwendig, den pastoralen Ansatz zu verbessern, so dass unter Berücksichtigung der Berufungen und der Rollen der geweihten Personen und der Laien allmählich die Mitverantwortung der Gesamtheit aller Glieder des Volkes Gottes gefördert wird. Das erfordert eine veränderte Mentalität, vor allem hinsichtlich der Laien, indem man davon, sie als „Mitarbeiter" des Klerus zu betrachten, dazu übergeht, sie wirklich als „Mitverantwortliche" des Lebens und Handelns der Kirche anzusehen und die Stärkung eines reifen und engagierten Laientums fördert. Dieses gemeinsame Bewusstsein aller Getauften, Kirche zu sein, schmälert nicht die Verantwortung der Pfarrer. Es ist wirklich an Euch, liebe Pfarrer, das geistliche und apostolische Wachstum derer zu fördern, die sich bereits in den Gemeinden einsetzen und engagieren: Sie sind der Kern der Gemeinschaft, der für die anderen als Sauerteig dienen wird.“


Papst Benedikt XVI. am 26. Mai 2009 zur Eröffnung der Pastoraltagung der Diözese Rom


Wir hier in Köln haben keine Zeit zu verlieren, und deshalb haben wir aus der Vielzahl der Problemfelder als „Erste Hilfe“ drei Themenbereiche ausgewählt, die auf den Nägeln brennen und bei denen Veränderungen rasch und auf Bistumsebene möglich sind, wohl wissend, dass dies nur der Anfang eines Prozesses sein kann, dass noch viele Fragen und Probleme auf ihre Lösung warten.

1. Glaube(n) braucht Heimat – Heimat braucht Ort
Keiner von uns kann alleine glauben. Wir brauchen den gelebten Glauben der Mitchristen und sie den unseren. Wir brauchen die erfahrbare Gemeinschaft der Christen in unserem Alltag, gerade in einer zunehmend gottesfernen Gesellschaft. Das braucht einen Ort, das geht nur in überschaubaren Lebensbereichen, in denen wir unsere Mitchristen kennen und ihnen in vielfältigen Alltagsbeziehungen begegnen. Das gilt insbesondere auch für die Weitergabe des Glaubens: Kinder und junge Menschen brauchen das gelebte Glaubensvorbild, und dies nicht in irgendeinem Zentrum, sondern in ihrer Lebenswirklichkeit. Das gilt auch für die Menschen, die noch fern sind von Gott. Nur lebendige Gemeinden haben eine Strahlkraft ins Viertel, nur aktive Gemeinden, von denen Außenstehende mehr wahrnehmen als das sonntägliche Glockenläuten, sind attraktiv und missionarisch.


Konkret schlagen wir vor, die Seelsorgebereiche von dem Druck zu befreien, möglichst bald zu Großpfarreien zu fusionieren. Die Gemeinden innerhalb eines Seelsorgebereichs sollten selber die ihnen angemessenen Formen der Zusammenarbeit finden können. Damit das Gemeindeleben rund um den Kirchturm erhalten bleibt, braucht es Strukturen und Leitung vor Ort. In jeder Gemeinde bzw. jedem Kirchort soll es unter der Gesamtverantwortung des jeweiligen (leitenden) Pfarrers des Seelsorgebereichs eine Leitung geben (Priester, Diakone oder Laien im pastoralen Dienst oder entsprechend weitergebildete und beauftragte Gemeindemitglieder). In gemeinsamer Verantwortung mit den gewählten Gremien und in Absprache mit den Leitungsgremien der Seelsorgebereiche soll es ihre Aufgabe sein, das Glaubensleben in den Gemeinden bzw. den Kirchorten zu organisieren und lebendig zu halten. Selbstverständlich müssen sie dazu mit Kompetenzen und (finanziellen) Ressourcen ausgestattet werden.


2. Glaube(n) braucht Feier – Feier braucht (An-)leitung
Wir wollen unseren Glauben in unseren Lebensbereichen verkündigen, bezeugen und feiern. Dazu sollen unsere Kinder, aber auch wir Erwachsene in unserem Veedel den Glauben immer besser kennen lernen und vertiefen: in Gottesdiensten, Gesprächskreisen, Begegnungen, Festen. Feste brauchen Leitung, Glaube(n) braucht Anleitung. Dabei können die vielfältigen Begabungen und Fähigkeiten aller Gläubigen weit mehr als bisher genutzt werden, und zwar in allen Bereichen des Glaubens und des Lebens, statt die Arbeit der Laien nur auf den Dienst in der Welt zu reduzieren. Es gilt, diese Talente ernst zu nehmen und entschieden zu fördern, nicht nur, aber auch auf dem Hintergrund des fortschreitenden Priestermangels.


Konkret schlagen wir vor: Laientheologen/innen oder dazu befähigte Laien sollen in Liturgie, Katechese und Glaubensverkündigung (das schließt die Predigt in Gottesdiensten ein) eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen (das schließt die theologische und spirituelle Begleitung durch die Priester ebenso ein). Alle Möglichkeiten, die das Kirchenrecht bietet, sollten genutzt werden, um die Vielfalt der von Gott geschenkten Talente und Begabungen für den Glauben der Gemeinde wirksam werden zu lassen.


3. Glaube(n) braucht Seelsorge – Seelsorge braucht Zeit und Muße
Wir erleben unsere Priester zunehmend als gestresst, überlastet und ausgelaugt. Das tut weder den Priestern noch den Gemeinden gut, und es schadet zudem der Attraktivität des Priesterberufs für junge Menschen.

 

Konkret schlagen wir vor: Entlasten wir unsere (leitenden) Pfarrer von Verwaltungs- und Managementaufgaben, die ebenso gut von anderen Fachleuten übernommen werden können. Für jeden Seelsorgebereich sollte eine geschäftsführende Person eingestellt werden, die alle diese Aufgaben übernimmt. Dazu sollten schrittweise alle Aufgaben der Zentralrendantur auf die jeweilige Geschäftsführung übertragen werden. Auch die Kirchenvorstände würden so entlastet, sie könnten sich darauf konzentrieren, zusammen mit dem Pfarrer die große Linie vorzugeben und die Geschäftsführung anzuweisen. Dann hätten unsere Pfarrer wieder mehr Zeit das zu tun, wozu sie Gott berufen hat, nämlich Seel-Sorger zu sein.

 

Köln, im Juli 2011
Für die Katholikinnen und Katholiken in der Stadt Köln
Der Katholikenausschuss

Konkrete Maßnahmen zum 1. Thema "Glaube(n) braucht Heimat"

Der Katholikenausschuss hat zusammen mit Weihbischof Manfred Melzer und Stadtdechant der Stadt Köln Prälat Johannes Bastgen konkrete Maßnahmen zum 1. Themenkomplex "Glaube(n) braucht Heimat" verfasst, den Sie hier nachlesen können.

Weitere Informationen finden Sie unter

www.katholikenausschuss.de