GA-Artikel "Weihbischof Heiner Koch: Das war ein Fehler"
Nachfolgend finden Sie das Interview im Wortlaut, das Weihbischof Koch dem Generalanzeiger gegeben hat. Sie können das Interview auch im Online-GA nachlesen. In dem nachfolgend ausgewiesenen Text haben wir in
roter Schrift Bemerkungen zu den einzelnen Aussagen eingefügt, die die Dinge aus unserer Sicht beleuchten.
General-Anzeiger: Alternativlos ist das Unwort des Jahres. War der Fusionsprozess im Erzbistum Köln alternativlos?
Heiner Koch: Nein, deshalb wurde dieser Prozess Mitte der 90er Jahre mit Alternativen diskutiert - von Priestern, Laien und dem Bischof. Eine große Mehrheit hat damals für den jetzigen Weg gestimmt.
Bemerkungen: Die Laien wurden bislang offiziell in keiner Weise in diese Entscheidungen eingebunden. Auch wurde nach unserer Kenntnis die „Entscheidung" des Erzbischofs für diesen Fusionsprozess noch nirgends öffentlich bekannt gemacht. Es existieren lediglich Äußerungen von Einzelpersonen, wie Weihbischof Koch oder Dechant Picken. Ein offizielles Beschlussdokument ist uns nicht bekannt.
GA: Ging das alles zu schnell?
Koch: 15 Jahre sind eher ein zu langer Prozess. Denn manche dachten: Wir haben noch viel Zeit.
Bemerkungen: Das hat keiner
gedacht. Worum es hier geht, ist ja auch nicht die Tatsache der Fusion an sich, über deren Sinnhaftigkeit man angesichts der dabei entstehenden Größenordnungen (man denke: 1 Pfarrgemeinderat für etwa
28.000 Gemeindemitglieder!) mit guten Gründen durchaus geteilter Meinung sein kann.
In dem aktuellen Konflikt geht es primär um die Frage, ob die Kirchenleitung in Köln es zulässt, dass ein einzelner Mann mit Menschen und mit ganzen Gemeinden so umspringt, wie Pfarrer Picken dies
tut. Diese Frage wurde gegenüber der Kirchenleitung in Köln innerhalb der letzten Monate und sogar schon Jahre seitens vieler Beteiligter angesprochen und darauf hat Köln bislang noch keine Antwort
gefunden geschweige denn gegeben.
GA: Kritiker beklagen gerade die Zentralisierung...
Koch: Zentralisierung war nie die Intention. Zentralisierung ist kein Allheilmittel. Und wo sie notwendig war, haben wir immer auch das Ziel, die kleinen Gemeinschaften zu verlebendigen. Und: Fusionierung heißt nicht: Plattmachen von Ideen, Gemeinschaften, Orten.
Bemerkungen: Wenn das die Realität würde, könnte man ja beruhigt sein. Was uns zutiefst beunruhigt, ist die Tatsache, dass derjenige, der diesen Prozess leiten soll, dezentrale Strukturen ablehnt. So existiert im „Rheinviertel" nicht ein einziger Ortsausschuss (Kirchenausschuss), den die Pfarrgemeinderatssatzung als Bindeglied zwischen Pfarrer und Pfarrgemeinderat zu den Gläubigen um die einzelnen Kirchen herum als sinnvoll vorsieht.
GA: Haben Sie den Priestermangel denn in den Griff bekommen?
Koch: Es ging bei dem Prozess nicht vorrangig darum. Sondern: Wie können wir heutzutage Menschen unseren Glauben nahebringen. Dennoch: Wir stehen mit 1 700 hauptamtlichen pastoralen Kräften vergleichsweise gut da.
Bemerkungen: Nach Aussage der Verantwortlichen im Generalvikariat geht es bei den angestrebten Fusionierungen von Gemeinden natürlich genau darum. Nicht umsonst wurde die Zielzahl katholischer Kirchengemeinden nach Abschluss der Fusionswelle auf 180 festgesetzt, was der für dann erwarteten verfügbaren Priesterzahl entspricht.
GA: Wie schätzen Sie die Stimmung in den Gemeinden ein?
Koch: Viele Gemeinden sind weiter, als wir denken. Sie spüren die Freude des Aufbruchs. Und viele sind weiter als in Bad Godesberg.
Bemerkungen: Diese Aussage ist -
bei allem Respekt - eine Frechheit gegenüber all' denen, die in den Gemeinden Bad Godesbergs als Nicht-Geweihte Verantwortung übernommen haben und diese sehr ernst nehmen. Glaubt der Weihbischof
denn, die Menschen seien zu dumm, mögliche Notwendigkeiten zu erkennen, wenn sie denn vorhanden sind? Sind wir in Bad Godesberg vielleicht intellektuell zu rückständig? Da hilft uns dann gewiss Herr
Picken, der uns Dummköpfen jovial erklärt, wie die Welt funktioniert.
Sorry, aber hier müssen wir einmal ganz deutlich werden: Wir sind keine dummen Schafe, die von ihren Kirchenoberen zurechtgewiesen werden müssen. Wir sind mündige Bürger in einem freien Land und wir
leben im 21. Jahrhundert! Wenn das der Stil des von Weihbischof Koch immer propagierten „Dialogs" sein soll, dann fragen wir uns, wohin dieser „Dialog" uns führen soll. Ist das das Niveau, auf das
wir uns künftig einstellen müssen? Wir sind sehr enttäuscht.
GA: Wieso muss Godesberg eine Großeinheit von 28 000 Gläubigen werden? In Alt-Bonn wären das drei Gemeinden...
Koch: Die Beteiligten sind bei den Beratungen zu der Überzeugung gelangt: Godesberg ist auch pastoral eine Einheit.
Bemerkungen: Frage: Welche „Beteiligten"? Wann wurde das beschlossen? In welchem Gremium? Mit welcher Legitimation? Wir hätten hier gern ganz konkrete Angaben!
GA: Wer hat das so entschieden?
Koch: Die Gremien vor Ort mit deutlicher Mehrheit. Das war übrigens 2009 ein absolut vorbildlicher Diskussionsprozess.
Bemerkungen: Welche „Gremien"? Weitere Fragen wie zuvor.
GA: Wie erklären Sie sich die Konflikte in Godesberg und Beuel?
Koch: Sie haben mehrere Ursachen, auch Kommunikationsfehler. Es liegt jedenfalls nicht an der Entscheidung für die Seelsorgebereiche. Die stellt kein Gremium in Frage.
Bemerkungen: Die Sache mit den Seelsorgebereichen, die nach unserer Kenntnis tatsächlich noch gar nicht beschlossen sind, stellen wir nicht in Frage. Hier kommen wir wieder auf das Kernproblem zurück und das heißt Wolfgang Picken. Es geht darum, dass viele Menschen ihn ablehnen, weil sie seine Art und Weise, mit Menschen umzugehen, ablehnen. Natürlich hat er auch eine Anhängerschar, die alles befürworten, was er tut und wie er es tut. Dann mögen diese Anhänger gerne mit ihm in seiner Pfarrei weitermachen, dagegen ist nichts zu sagen. Aber wir wollen nicht unter der Leitung von Herrn Picken stehen und dabei bleiben wir, solange er seinen Stil nicht grundlegend ändert und endlich menschlich handelt.
GA: Wieso kann Kirche gut funktionierenden Gemeinden nicht die beliebten Priester erhalten? Etwa Pater Innocent am Ennert.
Koch: Schon im vergangenen Sommer hat er erklärt, ein Verbleib komme nicht in Frage. Folglich stand er als Nachfolger nie zur Debatte. Die Gemeinde brauchte auch mehr Zeit, um sich von einem guten Priester wie Pfarrer Padberg zu lösen. Da haben sich verständlicherweise viele emotional an Pater Innocent geklammert.
Bemerkungen: Wieder eine Aussage, die Menschen wie Kinder hinstellt: In den Gemeinden am Ennert wohnen viele mündige Christen mit Weitblick und Lebenserfahrung. „Klammern" ist ein Begriff, der in der Kinderpsychologie seine Berechtigung haben mag. Hier geht es um erwachsene Menschen, die mit gutem Grund fordern, dass ihnen „ihr" Pater Innocent, den sie lieben und in ihre Herzen geschlossen haben, in der schwierigen Zeit nach dem Tod des geschätzten Pfarrer Padberg nicht auch noch entrissen wird. Mit „Klammern" hat das gar nichts zu tun.
GA: Warum muss die Kirche Priester versetzen, wenn die Menschen sowohl in Beuel und in Bad Godesberg sie behalten wollen?
Koch: In Godesberg wollten die indischen Patres gehen, obwohl Kardinal Meisner sie dort behalten wollte. Sie wollten als Ordensgemeinschaft in einem kleineren Seelsorgebereich arbeiten.
Bemerkungen: Die wahren Umstände für den Weggang der indischen Patres sind im Artikel von Wilhelm Berg hinreichend genau beschrieben (Pfarrbrief „kontakt miteinander", Ausgabe Weihnachten 2010, S. 7, 8; siehe auf unserer Homepage unter Aktuelles / Dokumente / Zensur des Pfarrbriefes / Artikel).
GA: Ihr Wegzug nach Beuel hat auch damit zu tun, dass die Chemie zwischen ihnen und Dechant Wolfgang Picken nicht stimmte.
Koch: Entscheidend war: Die indischen Patres sahen sich mit der größeren Einheit, die viel Flexibilität und Organisation voraussetzt, überfordert. Dagegen ist Beuel ideal für sie.
Bemerkungen: Interessant, dass diese Frage nicht beantwortet wird! Es erfolgt ein Ausweichen auf den Nebenschauplatz, dass die Patres (zurecht) ihre Mission nicht in der Administration von Großgemeinden sehen. Ihre Mission war und ist immer pastoral ausgerichtet.
GA: Wie soll der Konflikt jetzt gelöst werden?
Koch: Durch kleine Schritte des Vertrauens, das neu wachsen muss. Ich merke in vielen Gesprächen, dass die Bereitschaft, als Christen die Kirche mitzugestalten, trotz manchmal unterschiedlicher Sichtweisen lebendig ist.
Bemerkungen: Endlich einmal eine Aussage, der man ungeteilt zustimmen kann. Aber um Vertrauen zu erwerben, muss man sich selbst zunächst redlich verhalten. Dieses redliche Aufeinander-Zugehen kann in den Worten dieses Interviews aus unserer Sicht leider noch gar nicht erkannt werden.
GA: Suchen Sie in Zukunft bei Personalentscheidungen vorher das Gespräch mit den Gremien?
Koch: Es ist ja nicht so, als hätten wir uns nicht mit den Gremien ausgetauscht. Allerdings haben wir in Beuel nicht die vorgesehene Stellungnahme des Pfarrgemeinderats vor der Entscheidung des Erzbischofs eingeholt. Das war ein Fehler. Dazu hat der Kardinal auch einen Brief geschrieben.
Bemerkungen: Übrigens auch in der Pfarrgemeinde Burgviertel (St. Marien und St. Servatius) nicht! Auch hier hätte nach der PGR-Satzung vor der Wegversetzung der indischen Patres der PGR gehört werden müssen. Was nützt uns eine PGR-Satzung, wenn sich der Bischof selbst daran nicht hält?
GA: Sie haben mal gesagt, Christen müssen frecher werden...
Koch: Die Aussage bezog sich darauf, dass wir in der Gesellschaft "frecher" auftreten müssen. Wir dürfen nicht nur reagieren. Ich habe auch kein Problem damit, dass es in der Kirche Auseinandersetzungen gibt. Wir brauchen hier aber eine Streitkultur, die von Vertrauen und Zuhören geprägt ist.
Bemerkungen: Wir sind nicht der Meinung, dass wir „frech" sein müssen. Aber mittlerweile sind wir hart aber fair in unserem Umgang mit dem Erzbistum. Die vergangenen Wochen und Monate haben uns gelehrt, dass jede Art von Konzilianz, dass jede noch so kleine vermeintliche Schwäche unsererseits von Köln gnadenlos ausgenutzt und zu unserem Nachteil verwandt wurde. Seither sind wir vorsichtig, getreu dem Motto von Lenin: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!"
GA: Inwiefern ist dabei der Runde Tisch hilfreich, zu dem Stadtdechant Wilfried Schumacher alle Katholiken in Bonn einlädt?
Koch: Er ist sinnvoll, weil auch die Leute, die nicht von den Angelegenheiten in Beuel und Godesberg betroffen sind, unruhig sind.
Bemerkungen: Den Runden Tisch haben wir, nachdem uns die Vor-Einladung des Stadtdechanten per eMail zugegangen war, bereits sehr begrüßt. Wir unterstützen die Initiative des Stadtdechanten nachdrücklich und hoffen auf einen guten Verlauf des Runden Tisches. Die Diskussionen dort sollen nach unserer Ansicht sehr offen, transparent, hart in der Sache aber fair im Umgang geführt werden. Wir freuen uns auf den Runden Tisch, auf interessante und erhellende Diskussionen mit Generalvikariat und Godesberger Dekanat und wissen uns mit vielen Katholiken aus dem ganzen Bonner Raum aufs Engste verbunden.