Rechtsgutachten PGR

Auf der Homepage des Burgviertels taucht seit geraumer Zeit ein "PGR" mit verschiedenen Namen auf und viele Gemeindemitglieder fragen bei uns an, was es damit auf sich habe. Aus diesem Grunde haben wir ein Rechtsgutachten erstellt und unter "Rechtsgutachten PGR" eingesehen werden kann. Darin wird die aktuelle Situation beleuchtet und eine Bewertung aus juristischer Sicht gegeben.Zum besseren Verständnis finden sie hier die gültige PGR-Satzung (Amtsblatt des Erzbistums Köln, Stück 1, 149. Jahrgang, 01.01.2009).

Kardinal entscheidet zum Pfarrgemeinderat

15.12.2011

Entscheidung des Kardinals bislang nicht offiziell

Nach den bislang bekannt gewordenen Informationen hat der Kardinal nunmehr über die weitere Vorgehensweise in Bezug auf den PGR von St. Marien und St. Servatius (Burgviertel) entschieden. Eine offizielle Bekanntmachung ist nicht erfolgt, jedoch kann aus den Äußerungen des Pfarrverwesers zumindest indirekt auf die Inhalte der Entscheidung geschlossen werden, sofern diese korrekt wiedergegeben sind.

Das angebliche Schreiben des Kardinals ist der Gemeinde nicht bekannt gegeben worden. Wieder einmal musste die Gemeinde aus der Zeitung erfahren, was sie betrifft, wie ihre Zukunft gestaltet wird. Dies ist schon wieder ein schwerer kommunikativer Mangel in einer mittlerweile fast endlosen Reihe und steht in krassem Widerspruch zu den Zusagen des Erzbistums und des Pfarrverwesers vom 15.12.2010 und vom 11.01.2011. Wir müssen an dieser Stelle leider festhalten, dass sich der Kommunikations­stil des Erzbistums und des Herrn Picken entgegen ihrer eigenen Zusagen in keiner Weise verbessert hat. Wie will ein Pfarrer, der so mit einer Gemeinde umgeht, Frieden schaffen und die Menschen mitnehmen? Dies wird ein Thema sein, das an dem geplan­ten Runden Tisch sehr intensiv diskutiert und einer für die Gemeinde befriedigen­den Lösung zugeführt werden muss.

Wir stützen uns im Folgenden daher auf die uns zugänglichen Informationen und unterstellen, dass diese korrekt sind.

 

Situation nach dem Rücktritt der 9 Mitglieder des PGR

Der PGR des Burgviertels war durch den Rücktritt von insgesamt 9 Mitgliedern und damit gleichzeitig auch der Mehrheit seiner gewählten Mitglieder handlungsunfähig, weil beschlussunfähig geworden (§ 10 Abs. 1 S. 1 PGR-Satzung [SPGR]). Dass der PGR formell weiterbesteht (weil die geborenen Mitglieder, nämlich die Priester, natürlich nicht zurücktreten können), ändert daran nichts.

 

Grundsatz der demokratischen Legitimation vom Kardinal bestätigt

Gem. § 5 Abs. 6 S. 3 SPGR musste der Kardinal nun entscheiden, wie weiter zu verfahren ist. Wie bereits im Rechtsgutachten zum Rücktritt des PGR dargelegt, hatte sich der Kardinal durch den Erlass der SPGR und das darin niedergelegte Prinzip der demokratischen Legitimation der PGR selbst gebunden. Das heißt, dass er in seiner Entscheidung über das weitere Vorgehen dieses oberste Prinzip der SPGR nicht außer Acht lassen durfte.

Die nunmehr getroffene Entscheidung des Kardinals bestätigt eindrucksvoll diese von uns eingenommene Rechtsauffassung. Denn der Kardinal hat zuallererst festgelegt, dass der PGR durch Neuwahl der zurückgetretenen Mitglieder aufzufüllen und damit wieder demokratisch zu legitimieren ist. Mit dieser Verfügung macht Kardinal Meisner nochmals deutlich, dass der PGR ein Gremium sein soll, das die Gemeinden primär durch gewählte und damit demokratisch legitimierte Mitglieder vertritt. Und deshalb ist auch nur ein solches Gremium nach der PGR-Satzung handlungs- und beschlussfähig (vgl. § 10 Abs. 1 SPGR). Wäre der PGR in seiner jetzigen Form beschlussfähig, bedürfte es keiner Nachbesetzung der Vakanzen.

 

Übergangszeit notwendig, jedoch unangemessen lang

Da Neuwahlen einen gewissen administrativen Aufwand erfordern, bedurfte es einer Übergangslösung, bis die Neuwahlen angesetzt und durchgeführt sind. Im Normalfall können die notwendigen Ergänzungswahlen innerhalb eines Zeitraums von 2 bis 3 Monaten problemlos durchgeführt werden (Kandidatensuche, Kandi­datenliste, Wahlen, Konstituierung des Gremiums mit den neuen Mitgliedern; vgl. auch die 6-Wochenfrist in § 10 Abs. 3 S. 1 der Wahlordnung für Pfarrgemeinderäte; danach dürften 2 bis 3 Monate mehr als ausreichend sein).

Der Kardinal hat die Neuwahlen nunmehr parallel zu den im November 2011 stattfindenden Ergänzungswahlen für die Kirchenvorstände (KV) gelegt. Das mag aus praktischen Erwägungen zweckmäßig erscheinen, ist aber unter rechtlichen Aspekten zweifelhaft. Denn die sehr lange Zeit bis zu den Neuwahlen (insgesamt wird diese fast 9 Monate betragen) nimmt der Übergangslösung, die bis zu den Neuwahlen notwendig ist, einen Teil ihrer rechtlichen Legitimation. Wenn das Repräsentationsprinzip als oberstes Prinzip konstituiert wird (s. oben), darf es über eine übermäßig lange Übergangsperiode nicht ausgehebelt werden. Ein Zeitraum von 9 Monaten erscheint unter diesen Aspekten als viel zu lang. Schade, dass die gute Absicht damit zum Teil konterkariert wird.

 

Übergangszeit: Ein dem Pfarrverweser genehmer PGR

Für die Zwischenzeit hat der Kardinal verfügt, dass der PGR mit insgesamt 5 neuen Mitgliedern aufzufüllen sei. Diese 5 neuen PGR-Mitglieder sollen für die Übergangs­zeit bis zum November gemeinsam mit den verbliebenen 3 gewählten PGR-Mitglie­dern die Repräsentation der Gemeinde aus ihren eigenen Reihen darstellen. Diese Anordnung des Kardinals ist für sich betrachtet rechtlich nicht zu beanstanden, denn sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Zeit bis zu den Neuwahlen überbrückt werden muss.

Blendet man die sehr lange Übergangsperiode aus, dann fällt jedoch auf, dass das Übergangsgremium ein PGR sein wird, der allein nach den Wünschen des Pfarr­verwesers abstimmen und in seinem Sinne „funktionieren“ wird. Das ergibt sich ganz einfach aus den bereits vorhandenen und zu erwartenden Macht- und Mehrheits­verhältnissen des PGR:

Das Gremium wird über 3 Priester verfügen; neben dem Verweser 2 Patres. Da die beiden Patres dem Verweser unterstehen, werden sie wohl kaum für vom Verweser abweichende Voten im PGR zur Verfügung stehen können.

Dazu kommen 3 gewählte Mitglieder. 2 davon sind Hauptamtliche, mithin auch gebunden und – da dem Pfarrverweser weisungsunterworfen – „befangen“. Auch sie müssen in seinem Sinne abstimmen.

Ein Mitglied der 5 zu ergänzenden Mitglieder wird vom Verweser autonom ernannt werden. Hier wird er mit Sicherheit eine ihm genehme Person ernennen, die seinen Vorstellungen folgt. Sieht man sich die daraus folgende Gesamtstimmen­verteilung im künftigen PGR an (6 „für“ den Verweser, maximal 4 abweichende Stimmen), dann ist dieses Ernennungsrecht ein sehr subtiles Mittel, mit dem dem Pfarrverweser die Möglichkeit gegeben wird, möglichst unauffällig einen ihm gefügigen PGR zu gestalten. Man gibt also vor, den PGR gemeindenah nachzu­besetzen, in Wahrheit wird dieser aber nur das tun (können), was ihm gesagt werden wird. Das ist echte Demokratie à la carte du Rhin. Wer glaubt da noch, dass dies zufällig so sei?

 

Fazit:

 

  •  Der ergänzte PGR der Übergangszeit ist ein Gremium, das als Instrument des Pfarrverwesers angesehen werden muss und das mehrheitlich keine Verankerung in der Gemeinde haben wird. Auch wenn einzelne der heute schon vorhandenen Mitglieder innerlich eine andere Haltung einnehmen mögen, können sie dies aufgrund der bestehenden Abhängigkeiten zum Pfarrverweser nicht nach außen tragen. Ein dem Pfarrverweser stets genehmes Abstimmungsverhalten ist damit und über sein freies Nominierungsrecht für 1 Person gesichert.

 

  • Die Pfarrgemeinde St. Marien und St. Servatius wird in den nächsten 9 Monaten somit als einzige der Bonner Pfarreien über keine Vertretung ihrer Interessen im pastoralen Bereich verfügen.

 

  • Als Alternative zu dem vom Kardinal angeordneten Vorgehen wäre die rasche Durchführung von Neuwahlen möglich gewesen, die innert 2 bis 3 Monaten dem Gremium seine notwendige demokratische Verankerung in der Pfarrgemeinde und dieser damit wieder eine Vertretung in pastoralen Dingen gegeben hätte.